Erkennungsmerkmale
Um in das Thema Legasthenie einzusteigen, müssen wir uns vergegenwärtigen, dass es kein Lernen ohne Wahrnehmung gibt. Dazu brauchen wir unsere fünf Sinne: Wir lernen, indem wir hören, sehen, fühlen, riechen und schmecken. Für das Lernen in der Schule sind unsere Fähigkeiten zu hören und zu sehen von ganz besonderer Bedeutung.
Bedenken wir, welche unterschiedlichen Leistungen unser Gehirn zu vollbringen hat, je nach gestellter Aufgabe.
Ein Wort soll nachgesprochen werden:
Der Input erfolgt über das Gehör. Der gehörte Wortklang verbindet sich mit einer Wortbedeutung, z. B. „Schmetterling“. Zum Nachsprechen, beim Output, bediene ich mich meiner Sprechmotorik.
Ein Wort soll abgeschrieben werden:
Der Input erfolgt über das Auge. Normalerweise verbindet sich nun das Wortbild mit einer Wortbedeutung. Ich kann aber auch ein mir unbekanntes Wort ohne Sinnerfassung abmalen. Der Output erfolgt über die Schreibmotorik.
Ein Wort soll laut gelesen werden:
Die Aufgabe ist schwerer geworden. Ich muss mit dem Auge die Buchstaben erkennen, also visueller Input. Danach muss ich die Buchstaben in Laute umkodieren, d.h. Wortbild mit dem Klangbild verknüpfen. Der Output erfolgt sprechmotorisch.
Ein Wort soll nach Diktat geschrieben werden (die schwierigste Aufgabe):
Input wieder über das Gehör. Speicherung des Wortklanges und Umwandlung der Laute in Buchstaben. Wiedergabe des Wortes in schriftlicher Form, also Output über die Schreibmotorik. Diese Aufgabe kann nur gelöst werden, wenn noch eine weitere Gehirnleistung hinzukommt: Das Kind muss in der Lage sein, die (gehörten) Laute ohne Verwechslung ihrer Reihenfolge so lange im Gedächtnis zu speichern, bis es die Umwandlung in (geschriebene) Buchstaben vollzogen hat.
Es ist einleuchtend, dass die gestellten Aufgaben nicht gelöst werden können, wenn sich innerhalb dieser vielen Teilleistungen auch nur ein Fehler einschleicht.
Die für das Lesen und Schreiben notwendige Wahrnehmung ist in 5 Teilleistungsbereiche unterteilt:
- Taktile bzw. räumliche Teilleistung (spüren, Körpergefühl)
- Auditive Teilleistung (hören)
- Visuelle Teilleistung (sehen)
- Serielle Teilleistung (Reihenfolge)
- Intermodale Teilleistung (Verknüpfung der Teilleistungsbereiche)